11.04.2013

Verhaltensbedingte Kündigung: Beweisverwertungsverbot bei verdeckter Videoüberwachung

Der Fall

Die Arbeitnehmerin arbeitet als Verkäuferin in einem Supermarkt. Der Arbeitgeber stellt fest, dass es zu erheblichen Inventurdifferenzen kommt. Dies betrifft insbesondere Tabakwaren. Mit Zustimmung des Betriebsrates wird daraufhin der Kassenraum mittels einer verdeckten Videokamera überwacht. Die Aufnahmen zeigen unter anderem, wie die Arbeitnehmerin mehrere Schachteln Zigaretten nach Ladenschluss in ihrer Bluse verstaut. Der Arbeitgeber spricht daraufhin eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung aus.

 

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG v. 22.03.2012 – 2 AZR 224/11)

In rechtlicher Hinsicht stellt sich letztlich lediglich die Frage, ob die Aufnahmen der Überzeugungsbildung des Gerichts zugrunde gelegt werden dürfen oder ob insofern ein Beweisverwertungsverbot besteht. Können die Aufnahmen verwertet werden, ist zumindest die ordentliche Kündigung unzweifelhaft wirksam. Um die Frage nach der Verwertbarkeit beantworten zu können, muss das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers (in Gestalt des Rechts am eigenen Bild) gegen das Beweisinteresse des Arbeitgebers abgewogen werden. Dass der Betriebsrat der Überwachungsmaßnahme zugestimmt hat, ist insofern unerheblich. Auch in einem solchen Fall ist die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme konkret zu überprüfen. Das Gericht führt weiter aus, dass auch insbesondere ein Verstoß gegen § 6 b Abs. 2 Bundesdatenschutzgesetz vorliegend nicht zu einem Beweisverwertungsverbot führt. Diese Norm sieht vor, dass bei einer Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume der Umstand der Beobachtung kenntlich zu machen ist. Nachdem die Instanzgerichte nicht sämtliche erforderlichen Tatsachen festgestellt hatten, wurde der Rechtsstreit zurück verwiesen. Die umfassende Güterabwägung muss nun nachgeholt werden. 

Fazit

Es bestehen hohe Anforderungen an die Zulässigkeit heimlicher Videoüberwachungen. Zu welchem Ergebnis die erforderliche Abwägung führen wird, lässt sich oft kaum prognostizieren. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet es dem Arbeitgeber insbesondere, zunächst sämtliche weniger einschneidenden Mittel auszuschöpfen, um den Verdacht aufzuklären und den Kreis der Verdächtigen soweit wie möglich einzuschränken.