02.10.2017

Status Quo: Rechnungen rückwirkend berichtigen

Der Europäische Gerichtshof hat in einem Urteil (15.9.2016, Rs. C-518/14; Senatex) entschieden, dass Unternehmer formell fehlerhafte Rechnungen rückwirkend richtigstellen dürfen. Dennoch kürzen die Betriebsprüfer der Finanzämter weiterhin häufig die Vorsteuer aufgrund formell fehlerhafter Eingangsrechnungen.  Wenn beispielsweise eine detaillierte Leistungsbeschreibung auf der Rechnung fehlt, nehmen dies Betriebs- und Umsatzprüfer gerne zum Anlass, einen Vorsteuerabzug zu kürzen. Nachzahlungszinsen sind eine weitere ungünstige Folge für den steuerpflichtigen Unternehmer. Grundsätzlich kann aber bis zur Bestandskraft des Umsatzsteuerbescheides eine berichtigte Rechnung vorgelegt werden. Die Berichtigung gilt dann nach dem Urteil des EuGH rückwirkend.

Laut BFH sind Mindestangaben erforderlich
Dass die Finanzämter dennoch anders agieren, hat seinen Grund in einem Urteil des Bundesfinanzhofs (20.10.2016, Az. V R 26/15), das Mindestangaben fordert, damit eine rückwirkende Berichtigung nach EuGH-Urteil möglich ist. Diese lauten wie folgt:

  • Rechnungsaussteller
  • Leistungsempfänger
  • Leistungsbeschreibung
  • Entgelt
  • Gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer


Sind diese Angaben nicht ausgewiesen oder sind sie fehlerhaft, ist laut BFH eine rückwirkende Berichtigung nicht möglich, weil die Rechnung an sich nicht berichtigungsfähig ist. D.h. die berichtigte Rechnung wird als Erstrechnung nach Ergänzung angesehen und somit die Kürzung des Vorsteuerabzugs gerechtfertigt. D.h. im konkreten Falle, fehlt einer Rechnung z.B.. die USt-Id-Nr. des Rechnungsausstellers, ist eine rückwirkende Berichtigung möglich, denn diese gehört nicht zu den vom BFH geforderten Mindestangaben. Fehlt aber die Leistungsbeschreibung, die zu den BFH-Mindestangaben gehört, so kann eine Rechnung zwar berichtigt werden, aber nicht rückwirkend.

Was können Sie tun?
Sollte Ihnen der Vorsteuerabzug aufgrund formeller Mängel in Eingangsrechnungen gekürzt werden, sollte die Rechnung zunächst berichtigt werden und dann gegen den Umsatzsteuerbescheid Einspruch erhoben werden, denn die Finanzverwaltung beschäftigt sich aktuell mit dem Thema rückwirkend berichtigter Rechnungen und arbeitet derzeit an einem BMF-Schreiben. Außerdem wird sie sich auch in Kürze mit einem weiteren EuGH-Urteil (15.9.2016, Rs. C-516/14; Barlis 06) auseinandersetzen müssen, das eine Kürzung des Vorsteuerabzugs verbietet, wenn die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nachvollziehbar vorlagen.

Ggf. ist ein Antrag auf Ruhen des Verfahrens gegen einen nachteiligen Steuerbescheid hier für Sie zu empfehlen – am besten sprechen Sie unsere Steuerberater Karlsruhe an, wenn Sie entsprechende Unterstützung benötigen.
 
Zusammengefasst: Laut zweier EuGH-Urteile dürfen Rechnungen rückwirkend berichtigt werden und die Kürzung des Vorsteuerabzugs (in vielen Fällen) ist verboten. Ein BFH-Urteil knüpft die rückwirkende Berichtigung allerdings an Bedingungen und die Kürzung des Vorsteuerabzugs ist nach wie vor Praxis. In diesem Falle sollten Sie Einspruch gegen den Umsatzsteuerbescheid einlegen und ggf. einen Antrag auf Ruhen des Verfahrens stellen.