Bis zum Jahr 2028 soll im innergemeinschaftlichen Mehrwertsteuersystem ein sog. Bestimmungslandprinzip eingeführt werden. Dies geschieht Schritt für Schritt. Ab Anfang 2020 greifen bereits Sofortmaßnahmen. Ihr Steuerberater Karlsruhe stellt die Regelungen vor.
Das innergemeinschaftliche Mehrwertsteuersystem hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein sog. Bestimmungslandprinzip zu schaffen. Alle Umsätze sollen grundsätzlich in dem Land besteuert werden, in welchem der Leistungsempfänger ansässig ist. Das bedeutet, dass der Leistungserbringer seine Umsätze grundsätzlich in dem Land zu versteuern hat, in das er ausführt. Auf lange Sicht soll dadurch die bislang steuerfreie innergemeinschaftliche Leistung abgeschafft werden. So sollen Umsatzsteuerausfälle von bis zu 147 Milliarden Euro vermieden werden. Die Umstellung soll bis zum Jahr 2028 erfolgen – und zwar Schritt für Schritt. Mit dem Gesetzesentwurf zum Jahressteuergesetz 2019 gelten zu Beginn des Jahres 2020 in folgenden Bereichen Sofortmaßnahmen ("Quick fixes"):
1. Zuordnung der Warenbewegung bei innergemeinschaftlichen Reihengeschäften
Ein innergemeinschaftliches Reihengeschäft liegt vor, wenn mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen. Der Liefergegenstand gelangt dabei unmittelbar vom ersten Unternehmer an den letzten Abnehmer und wird von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat befördert oder versendet.
Die Warenbewegung wird in diesem Fall nur einer einzigen Lieferung der Reihe angerechnet. Diese wird von der Umsatzsteuer befreit. Wenn der erste Unternehmer den Gegenstand befördert oder versendet, ist seine Lieferung die bewegte Lieferung. Befördert bzw. versendet jedoch der letzte Abnehmer den Gegenstand, so ist die Lieferung an ihn die bewegte Lieferung. Beauftragt ein Zwischenhändler – der also sowohl Abnehmer als auch Lieferant ist – die Beförderung bzw. Versendung, so ist die Lieferung an ihn die bewegte Lieferung, außer er kann nachweisen, dass er in seiner Eigenschaft als Lieferer befördert bzw. versendet.
2. Änderungen bei Belegnachweisen
Der liefernde Unternehmer hat in Zukunft zwei sich nicht widersprechende Dokumente vorzuhalten, die von zwei unterschiedlichen Parteien ausgestellt wurden. Die Nachweispflicht kann z.B. durch einen unterzeichneten CRM-Frachtbrief, ein Konnossement, eine Luftfracht-Rechnung oder eine Rechnung des befördernden Unternehmens erfüllt werden.
3. Aufnahme einer Konsignationslagerregelung
Der § 6b UStG soll in Zukunft definieren, wann von einer Lieferung in ein Konsignationslager ausgegangen werden muss. Wenn eine Ware in einem Konsignationslager ruht, unterbricht dies die grenzüberschreitende Warenbewegung. In diesem Fall liegt auf der einen Seite ein innergemeinschaftliches Verbringen in das Konsignationslager und auf der anderen Seite eine lokale Lieferung in einem anderen Mitgliedsstaat vor, wenn die Ware das Lager wieder verlässt.
Die Voraussetzungen für diese Regelung sind:
- Das Verbringen der Ware im Konsignationslager in einem anderen Mitgliedstaat hat das Ziel, die Ware ausschließlich an einen anderen Unternehmer zu liefern
- Der Lieferant hat im Bestimmungsland keinen Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und auch keine feste Niederlassung
- Der Abnehmer verwendet gegenüber dem Lieferer die USt-IdNr. aus dem Bestimmungsland und führt die geforderten Aufzeichnungen
- Der Lieferant muss das Verbringen in ein besonderes Register eintragen und in der Zusammenfassenden Meldung (ZM) angeben
- Die Ware muss spätestens zwölf Monate nach der Bestückung des Lagers wieder entnommen werden
Die Aufzeichnungspflichten sind durch eine Durchführungsverordnung der EU ab 2021 unmittelbar geltendes Recht. Betroffene Unternehmen sollten ihre Verträge überprüfen und ggf. anpassen.
4. Aufzeichnung der USt-IdNr. des Abnehmers und Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (ZM) durch den Leistungserbringer
- Der Lieferant muss eine Zusammenfassende Meldung (ZM) mit allen erforderlichen Informationen zur jeweiligen Lieferung abgeben. Unrichtige ZM müssen berichtigt werden.
- Der Erwerbende muss sich im anderen Mitgliedstaat registrieren und die von diesem Staat zugeteilte USt-IdNr. dem liefernden Unternehmen mitzuteilen.
- Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist, dass die USt-IdNr. vor Ausführung der Leistung ausgestellt wurde und in der ZM korrekt gemeldet wurde.
- Stellt die Finanzverwaltung Mängel in der Nachweisführung fest, so entfällt die Steuerbefreiung.