01.07.2021

Modernisierung des Besteuerungsverfahrens

Seit im Januar 2017 das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens in Kraft trat, hat sich bereits einiges getan. Bis 2022 soll die technische Umsetzung abgeschlossen sein und damit auch in Zukunft ein gerechter und gleichmäßigen Steuervollzug gewährleistet werden. Ihr Steuerberater Karlsruhe zeigt Ihnen die Neuerungen.

Abgabefristen der Steuererklärung

Das Gesetz hat die Abgabefristen von Jahressteuererklärungen neugefasst. Die Erklärung für das Jahr 2020 ist für Steuerpflichtige ohne Steuerberater am 31. Juli 2021 fällig, beratene Steuerpflichtige haben dagegen Zeit bis zum 28. Februar 2022. Bei beratenen Steuerpflichtigen können allerdings Vorabanforderungen erfolgen. Das ist z. B. dann gerechtfertigt, wenn die Abgabe im Vorjahr verspätet erfolgte. Laut Katalog kommen noch weitere Gründe in Betracht, etwa nachträgliche Vorauszahlungen für den vorangegangenen Besteuerungszeitraum, herabgesetzte Vorauszahlungen außerhalb einer Veranlagung oder eine hohe Abschlusszahlung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum. Das Gesetz sieht außerdem vor, dass zu einem späteren Zeitpunkt Vorabanforderungen auch durch automationsgestützte Zufallsauswahl erfolgen. Außerdem soll ein Kontingentierungsverfahren eingeführt werden

Möglichweise wirkt sich auch die Corona-Krise auf die Abgabefristen aus. Bisher wurden allerdings nur die Fristen für die Abgabe der Steuererklärung 2019 für beratene Steuerpflichtige angepasst. Die Fristverlängerung der 2020er-Erklärungen ist dagegen noch Diskussionsgegenstand in der Politik.  

Fristüberschreitung bedeutet automatisch Verspätungszuschlag

Sobald Sie eine Frist überschreiten, müssen Sie Verspätungszuschlag zahlen – so sieht es das neue Gesetz vor. Pro angefangenen Monat beträgt er min. 25 € bzw. 0,25 % der Steuer abzüglich der Vorauszahlungen und der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge. Auch eine Ermessensfestsetzung ist möglich, sollte Ihre Steuer auf 0 € festgesetzt werden bzw. wenn es eine Steuererstattung gibt. Auch wenn Sie eine Fristverlängerung nach § 109 AO beantragt haben, bleibt Ihnen der Verspätungszuschlag ggf. erspart. Allerdings wird die Fristverlängerung nur noch ausnahmsweise gewährt.

Veranlagung zukünftig vollautomationsgestützt

Die Finanzbehörden können Steuerfestsetzungen in Zukunft nur noch automationsgestützt erlassen, ändern oder aufheben. Das heißt, Einzelfallbearbeitungen sind nur noch die Ausnahme. Sie finden nur noch dann statt, wenn etwa das Risikomanagementsystem einen Steuerfall aussteuert, weil im "qualifizierten Freitextfeld" abweichende Daten zu Drittangaben eingetragen sind. Auch ein Einspruch des Steuerpflichtigen führt zur Einzelfallbearbeitung.

Belege vorhalten statt einreichen

Ab dem Veranlagungszeitraum 2017 entfällt die zuvor bestehende Belegvorlagepflicht bei der Einkommenssteuer, seither gilt stattdessen eine Belegvorhaltepflicht. Das bedeutet, Steuerpflichte müssen die Belege nicht mehr mit einreichen. Stattdessen werden sie durch das Finanzamt angefordert – je nach Fall bzw. Risikobewertung. In Ausnahmefällen gilt die Vorlagepflicht allerdings weiter, etwa bei Gewinnanteilen i. S. d. § 3 Nr. 40 EStG (Teileinkünfteverfahren) oder § 8b KStG.

Wenn Sie davon ausgehen, dass die Finanzbehörde eine risikoorientierte Beleganforderung vernalassen wird, weil es im Verlangungszeitraum z. B. einmalige hohe Erhaltungsaufwendungen bei Vermietung und Verpachtung gab, macht es Sinn, die Belege direkt mit der Steuererklärung und zusätzlichem Anschreiben abzugeben. um Rüstzeiten zu vermeiden. Dies ist jedoch nur eine Empfehlung und keine Handlungsanweisung. Grundsätzlich gilt dabei: Je bedeutender ein steuerlicher Sachverhalt ist, desto wahrscheinlicher ist auch die Anforderung der Belege. Das ist z.B. dann der Fall, wenn der Steuersachverhalt neu, erstmalig oder einmalig ist, er einen außerordentlichen (Geschäfts-)Vorfall darstellt, er sich gegenüber dem Vorjahr erheblich ändert oder eine spürbare steuerliche Auswirkung bewirkt. In Zukunft sollen Belege auch elektronisch und medienbruchfrei eingereicht werden können: Die Finanzverwaltung arbeitet dafür an den Software-Lösungen RABE (Referenz auf Belege) und NACHDIGAL.