Der Fall
Der Arbeitgeber führt Fahrzeugprüfungen aus und ermöglicht vor diesem Hintergrund seinen Arbeitnehmern die Fortbildung zum Ingenieur. Mit den Arbeitnehmern wird eine Fortbildungsvereinbarung getroffen, in welcher auch eine Bestimmung in Bezug auf die Rückzahlung der angefallenen Fortbildungskosten für den Fall des vorzeitigen Abbruchs der Ausbildung enthalten ist. Es ist vorgesehen, dass der Arbeitgeber in diesem Fall die „Lehrgangskosten, die Fahrzeugkosten, die Übernachtungskosten sowie die Kosten im Zusammenhand mit der praktischen Ausbildung“ vom Arbeitnehmer ersetzt verlangen kann. Nachdem der Arbeitnehmer die Ausbildung vorzeitig abgebrochen und das Arbeitsverhältnis beendet hat, erhebt der Arbeitnehmer Zahlungsklage.
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG v. 21.08.2012 – 3 AZR 698/10)
Das BAG nimmt in seinem Urteil nochmals allgemein zum sogenannten Transparenzgebot Stellung. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Vertragsbestimmung so genau beschrieben werden, dass für den Verwender der Klausel keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Eine Klausel muss daher im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich beschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten enthält und Spielräume eröffnet. Die Voraussetzung und der Umfang der Leistungspflicht müssen so bestimmt oder zumindest bestimmbar sein, dass der Vertragspartner des Verwenders bereits bei Vertragsschluss erkennen kann, was ggfls. „auf ihn zukommt“.
Im Hinblick auf die Klauseln zur Rückzahlung von Fortbildungskosten verlangt das BAG sodann, dass die entstehenden Kosten dem Grunde und der Höhe nach im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren angegeben werden. So muss zumindest Art (beispielsweise Lehrgangsgebühren, Fahrt-, Unterbringungs-, Verpflegungskosten) und Berechnungsgrundlagen (Kilometerpauschale für Fahrtkosten, Tagessätze für Übernachtungs- und Verpflegungskosten, ungefähre Höhe der Übernachtungskosten) der Fortbildungskosten genannt werden.
Diesen Vorgaben hat die im Streit stehende Fortbildungsvereinbarung nicht genügt, weswegen die entsprechende Rückzahlungsklausel als unwirksam qualifiziert wurde. Ergänzend hat das BAG ausgeführt, dass der Arbeitgeber in einem solchen Fall die Fortbildungskosten grundsätzlich auch nicht nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung zurückverlangen kann.
Fazit
Mit der vorliegenden Entscheidung werden die Anforderungen an eine zulässige Rückzahlungsvereinbarung nochmals verschärft. Die meisten der bestehenden Rückzahlungsvereinbarungen dürften den nun erstmals aufgestellten strengen Anforderungen nicht genügen. Für einen wechselwilligen Arbeitnehmer stellt dies einen Segen dar. Er kann das bisherige Arbeitsverhältnis beenden, ohne die vom Arbeitgeber aufgebrachten Fortbildungskosten anteilig erstatten zu müssen. Für den Arbeitgeber hingegen ist es ausgesprochen ärgerlich, wenn größere Investitionen in die Fortbildung eines Arbeitnehmers getätigt werden, die dann einem neuen Arbeitgeber, ggfls. sogar einem Konkurrenten, zugutekommen. Vor diesem Hintergrund kann der Arbeitgeber lediglich den Versuch unternehmen, nun nachträglich mit dem Arbeitnehmer noch eine den neuen Vorgaben entsprechende Vereinbarung zu treffen.