20.05.2014

Fortbildungskosten: Nicht jede Eigenkündigung verpflichtet zur Rückzahlung

Der Fall

Der Arbeitgeber ermöglicht dem Arbeitnehmer eine Ausbildung zum Triebwagenführer. Die Parteien schließen dazu eine formularmäßige Vereinbarung, die eine anteilige Rückerstattung der Ausbildungskosten vorsieht, sofern der Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis vor der Beendigung der Ausbildung oder vor Ablauf von zwei Jahren nach deren Beendigung kündigt. Nachdem er die Ausbildung im März 2006 bestanden hat, kündigt der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis selbst zum 31.12.2006. Der Arbeitgeber klagt auf Rückzahlung der entstandenen Ausbildungskosten.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG v. 13.12.2011 – 3 AZR 791/09)

Das BAG hält die Klage für unbegründet. Die getroffene Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer die Ausbildungskosten im Falle einer Eigenkündigung zurückzahlen muss, ist gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Durch die Bestimmung wird der Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt, da ihn die Klausel unabhängig davon belastet, in wessen Verantwortungssphäre der Grund für die Kündigung entstanden ist. Der Arbeitnehmer müsste die Ausbildungskosten demnach auch dann zurückzahlen, sofern seine Eigenkündigung ausschließlich durch den Arbeitgeber – zum Beispiel durch Mobbing – veranlasst wurde. Es kann auch nicht entgegen dem Wortlaut der Vereinbarung angenommen werden, dass Kündigungen des Arbeitnehmers, die vom Arbeitgeber veranlasst wurden, von vornherein keine Rückzahlungspflicht auslösen sollen. In der streitgegenständlichen Vereinbarung wird etwa auch hinsichtlich einer Arbeitgeberkündigung danach differenziert, auf welchem Grund sie beruht. Nach der im Rahmen von § 307 BGB anzustellenden Interessenabwägung ist der die Rückzahlungspflicht auslösende Tatbestand ein wesentliches Element. Es ist nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht schlechthin an das Ausscheiden des Arbeitnehmers zu knüpfen, denn die Rückzahlungsvereinbarung stellt nur dann eine ausgewogene Gesamtregelung dar, sofern es der Arbeitnehmer selbst in der Hand hat, durch eigene Betriebstreue einer Rückzahlung zu entgehen. Wird der Arbeitnehmer dagegen vom Arbeitergeber zu einer Eigenkündigung veranlasst, ist diese Entschlussfreiheit in Frage gestellt. Sehen die getroffenen Vereinbarungen in einem solchen Fall dennoch eine Rückzahlungspflicht vor, kann von einem angemessenen Interessenausgleich nicht mehr gesprochen werden. Die unwirksame Klausel, die die Rechtsfolge einer Unwirksamkeit abweichend von dem in § 306 BGB geregelten Rechtsfolgensystem gestaltet, ist weder im Wege einer geltungserhaltenden Reduktion noch im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung auf das zulässige Maß (das heißt auf Kündigungen, die in der Verantwortungssphäre des Arbeitgebers liegen) zu beschränken. Die Klausel ist auch nicht hinsichtlich des Beendigungstatbestandes „Kündigung des Arbeitnehmers“ teilbar. Da auch keine einschlägigen gesetzlichen Vorschriften bestehen, führt die Unwirksamkeit dazu, dass der Arbeitgeber insgesamt keine Rückzahlung verlangen kann. 

Fazit

Bei der Gestaltung von Rückzahlungsvereinbarungen ist größte Sorgfalt erforderlich, da vielfältige AGB-rechtliche Vorgaben des BAG zu berücksichtigten sind. Für den Arbeitgeber ist es regelmäßig mit hohen Kosten verbunden, dem Arbeitnehmer eine Fortbildung zu  ermöglichen. Neben den Lehrgangs-, Reise- und Unterbringungskosten fällt hier insbesondere auch die bezahlte Freistellung von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung ins Gewicht. Arbeitnehmer fühlen sich in einem Trennungsszenario regelmäßig moralisch nicht an die getroffene Rückzahlungsvereinbarung gebunden. Sofern sich eine Möglichkeit bietet, der eigentlich geschuldeten Rückzahlung zu entgehen, wird diese regelmäßig auch genutzt. Dem kann nur durch eine sorgfältige Vertragsgestaltung begegnet werden.