01.09.2020

Modernisierung des Besteuerungsverfahrens

Zum 1.1.2017 trat das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens in Kraft. Es soll einen gerechten und gleichmäßigen Steuervollzug ermöglichen. Bis 2022 soll die technische Umsetzung fertigstellt sein. Es ergibt sich eine Reihe von Neuerungen – Ihr Steuerberater Karlsruhe klärt auf.

Abgabe der Steuererklärung

Es gilt eine neue Abgabefrist für Jahressteuererklärungen. Die Erklärung für das Jahr 2019 ist für Steuerpflichtige ohne Steuerberater am 31. Juli 2020 fällig, beratende Steuerpflichtige haben Zeit bis zum 28. Februar 2021. Die Finanzbehörden können bei beratenen Steuerpflichtigen jedoch ein früheres Datum verlangen. Eine solche Vorabanforderung ist beispielsweise dann gerechtfertigt, wenn die Abgabe im Vorjahr verspätet erfolgte. Laut Katalog kommen noch weitere Gründe in Betracht, etwa nachträgliche Vorauszahlungen für den vorangegangenen Besteuerungszeitraum, herabgesetzte Vorauszahlungen außerhalb einer Veranlagung oder eine hohe Abschlusszahlung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum. Das Gesetz sieht außerdem vor, dass zu einem späteren Zeitpunkt Vorabanforderungen auch durch automationsgestützte Zufallsauswahl erfolgen. Außerdem soll ein Kontingentierungsverfahren eingeführt werden.

Fristüberschreitung = Verspätungszuschlag

Sobald Sie eine Frist überschreiten, müssen Sie Verspätungszuschlag zahlen. Für jeden angefangenen Monat beträgt dieser mindestens 25 € bzw. 0,25 % der Steuer abzüglich der Vorauszahlungen und der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge. Die Finanzbehörde kann den Verspätungszuschlag auch nach Ermessen festlegen, wenn Ihre Steuer auf 0 € festgesetzt wird bzw. eine Steuererstattung erfolgt. Auch wenn Sie eine Fristverlängerung nach § 109 AO beantragt haben, müssen Sie ggf. keinen Verspätungszuschlag zahlen. Allerdings wird die Fristverlängerung nur noch ausnahmsweise gewährt.

Vollautomationsgestützte Veranlagung

Durch das neue Gesetz können die Finanzbehörden Steuerfestsetzungen nur noch automationsgestützt erlassen, ändern oder aufheben. Das bedeutet, Einzelfallbearbeitungen sind zukünftig die Ausnahme. Sie erfolgen nur noch, wenn z.B. das Risikomanagementsystem den Steuerfall aussteuert, wenn im "qualifizierten Freitextfeld" abweichende Daten zu Drittangaben eingetragen wurden oder wenn der Steuerpflichtige Einspruch erhebt.

Belegvorhaltepflicht

Ab dem Veranlagungszeitraum 2017 gilt eine Belegvorhaltepflicht bei der Einkommenssteuer. Damit entfällt die zuvor bestehende Belegvorlagepflicht, d.h. Steuerpflichte müssen die Belege nicht mehr mit einreichen. Stattdessen werden sie fallbezogen und risikoorientiert durch das Finanzamt angefordert. In Ausnahmefällen gilt die Vorlagepflicht jedoch weiterhin, beispielsweise bei Gewinnanteilen i. S. d. § 3 Nr. 40 EStG (Teileinkünfteverfahren) oder § 8b KStG.

Wenn Sie mit einer risikoorientierten Beleganforderung rechnen, weil es im Verlangungszeitraum z.B. einmalige hohe Erhaltungsaufwendungen bei Vermietung und Verpachtung gab, ergibt es Sinn, die Belege direkt mit der Steuererklärung und zusätzlichem Anschreiben abzugeben. So vermeiden Sie Rüstzeiten. Dies ist jedoch nur eine Empfehlung und keine Handlungsanweisung. Grundsätzlich gilt allerdings: Je bedeutender ein steuerlicher Sachverhalt, desto wahrscheinlicher wird die Anforderung der Belege. Das ist z.B. dann der Fall, wenn der Steuersachverhalt neu, erstmalig oder einmalig ist, er einen außerordentlichen (Geschäfts-)Vorfall darstellt, er sich gegenüber dem Vorjahr erheblich ändert oder eine spürbare steuerliche Auswirkung bewirkt. In Zukunft sollen Belege auch elektronisch und medienbruchfrei eingereicht werden können: Die Finanzverwaltung arbeitet dafür an den Software-Lösungen RABE (Referenz auf Belege) und NACHDIGAL.