20.11.2015 / Rechtsberatung

Wettbewerbstätigkeit nach fristloser Kündigung

Der Fall

 

In einem Rechtsstreit über Vergütungsansprüche mit seinem Arbeitgeber hatte der Arbeitnehmer nach Auffassung des Arbeitgebers eine falsche Aussage gemacht, um das Verfahren zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Dies nahm der Arbeitgeber zum Anlass, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. Hiergegen hat sich der Arbeitnehmer fristgerecht mit der Kündigungsschutzklage gewandt. Während des laufenden Kündigungsschutzverfahrens hat der Arbeitnehmer dann eine Beschäftigung bei einem Konkurrenzunternehmen aufgenommen. Dies hat der Arbeitgeber dann zum Anlass genommen, eine weitere außerordentliche Kündigung auszusprechen, welche der Arbeitnehmer ebenfalls wieder fristgerecht angegriffen hat.

 

 

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG v. 23.10.2014 – 2 AZR 644/13)

 

Die Wirksamkeit der ersten außerordentlichen Kündigung setzte voraus, dass der Arbeitnehmer in dem Rechtsstreit mit seinem Arbeitgeber bewusst wahrheitswidrige Erklärungen abgegeben hat. Ob die abgegebenen Erklärungen richtig oder falsch waren, konnte dahinstehen. Der Arbeitgeber hatte nämlich bereits nicht nachgewiesen, dass dem Arbeitnehmer die unterstellte Unrichtigkeit der Angaben bewusst war. Es wäre nämlich genauso gut möglich, dass er sich schlicht falsch erinnert hat.

 

Nachdem die erste außerordentliche Kündigung mithin unwirksam war, bestand das Arbeitsverhältnis fort. Dies hatte zur Folge, dass der Arbeitnehmer weiterhin an das vertragliche Wettbewerbsverbot gebunden war. Die Aufnahme der Beschäftigung bei einem Konkurrenzunternehmen stellte daher eine Pflichtverletzung dar. Eine solche Pflichtverletzung ist auch „an sich“ dazu geeignet, eine außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers zu rechtfertigen. An eine solche Feststellung hat sich dann jedoch als weiterer Prüfungspunkt für die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung stets die sogenannte Interessenabwägung anzuschließen. Bei dieser war zu berücksichtigen, dass sich in der vorliegenden Konstellation letztlich beide Parteien objektiv vertragswidrig verhalten hatten. Der Arbeitgeber hatte eine unwirksame außerordentliche Kündigung ausgesprochen, die den Arbeitnehmer letztlich erst dazu veranlasst hat, die Beschäftigung bei dem Konkurrenzunternehmen aufzunehmen. Des Weiteren waren weitere Gesichtspunkte, die den Arbeitnehmer entlasteten zu berücksichtigen. Dementsprechend ist das Bundesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die zweite außerordentliche Kündigung trotz der feststehenden Pflichtverletzung des Arbeitnehmers ebenfalls unwirksam war.

 

 

Fazit

 

Der Arbeitsvertrag schließt für die Dauer seines Bestandes aufgrund der Treuepflicht des Arbeitnehmers ein Wettbewerbsverbot ein. Eine entsprechende Regelung im Arbeitsvertrag ist hierfür nicht erforderlich. Der Arbeitnehmer darf keine Konkurrenztätigkeit im eigenen Namen und Interesse entfalten und auch keine Wettbewerber des Arbeitgebers unterstützen. Allerdings darf der Arbeitnehmer auch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses beispielsweise die Gründung eines eigenen Unternehmens oder den Wechsel zu einem Konkurrenzunternehmen vorbereiten.

 

Nach einer außerordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber wird es dem Arbeitnehmer oftmals im Hinblick auf seine Erfahrungen und Kenntnisse nur möglich sein, eine neue Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen zu erlangen. Das hiermit verbundene Risiko des Arbeitnehmers im Hinblick auf seine Kündigungsschutzklage gegen die außerordentliche Kündigung wurde durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nun deutlich reduziert. Hätte der Arbeitnehmer hingegen nach dem Ausspruch der außerordentlichen Kündigung ein eigenes Konkurrenzunternehmen aufgebaut, hätte das Bundesarbeitsgericht die Kündigung wohl für wirksam erachtet.