10.12.2013

Betriebsübergang: Reicht die bloße Neuvergabe eines Bewachungsauftrages?

Der Fall

Der Arbeitnehmer ist für ein Sicherheitsunternehmen tätig. Sein Arbeitgeber setzt ihn im Rahmen eines Bewachungsauftrages bei einem Kunden ein. Dort ist der Arbeitnehmer für die Administrierung des zentralen Alarmmanagementsystems zuständig. Dieses System steht im Eigentum des Kunden. Dieses System führt die Daten von Türen, Toren, Schranken, Drehkreuzen und Videosprechstellen zusammen und wertet diese aus. Der Arbeitnehmer ist in der Leitstelle des Kunden eingesetzt. Schließlich kündigt der Kunde das Vertragsverhältnis mit dem Arbeitgeber und vergibt den Bewachungsauftrag an ein anderes Sicherheitsunternehmen. Der Arbeitnehmer stellt sich auf den Standpunkt, sein Arbeitsverhältnis sei auf den neuen Vertragspartner des vormaligen Kunden seines Arbeitgebers übergegangen. Das Bundesarbeitsgericht teilt diese Auffassung.

 

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG v. 23.05.2013 – 8 AZR 207/12)

Bewachungstätigkeiten sind in der Regel nicht durch den Einsatz von Betriebsmitteln, sondern durch den Einsatz der menschlichen Arbeitskraft geprägt. Grundsätzlich stellt die Übernahme eines Bewachungsvertrages daher allenfalls dann einen Betriebsübergang dar, wenn auch der wesentliche Teil des Personals des bisherigen Dienstleisters übernommen wird. Vorliegend bestand hingegen die Besonderheit, dass der Bewachungsauftrag aufgrund des eingesetzten Alarmmanagementsystems maßgeblich durch Betriebsmittel und nicht durch den Einsatz der menschlichen Arbeitskraft geprägt war. Der neue Vertragspartner des Kunden war vertraglich verpflichtet, das fragliche Alarmmanagementsystem einzusetzen. Dieses war mithin ein wichtiges und unverzichtbares Hilfsmittel um die geschuldete Dienstleistung zu erbringen. Mithin hat dieses System dem Bewachungsbetrieb sein Gepräge gegeben.

Hervorzuheben ist, dass es für die Annahme eines Betriebsübergangs nicht erforderlich ist, dass der „Betriebserwerber“ Eigentümer der Betriebsmittel wird. Die Betriebsmittel sind ihm vielmehr auch dann zuzurechnen, wenn ihr Einsatz auf einer wie auch immer gearteten Nutzungsvereinbarung beruht. Es war daher vorliegend ausreichend, dass der neue Dienstleister auf der Grundlage des geschlossenen Bewachungsvertrages dazu berechtigt bzw. verpflichtet war, dass Alarmmanagementsystem einzusetzen.

 

Fazit

Auch wenn ein Unternehmen mit einem neu gewonnenen Kunden lediglich einen Vertrag abschließt und keinerlei rechtsgeschäftliche Beziehungen zu dem früheren Dienstleister hat, kann ein Betriebsübergang anzunehmen sein. Dies ist zunächst der Fall, wenn ein wesentlicher Teil des Personals des früheren Dienstleisters übernommen wird. Dieser Punkt kann jedoch von dem neuen Dienstleister selbst unproblematisch gesteuert werden. Darüber hinaus kann jedoch – wie der vorliegende Fall plastisch zeigt – auch die bloße Nutzung eines zentralen Betriebsmittels dazu führen, dass ein Betriebsübergang zu bejahen ist. In der Folge führt dies dazu, dass die Arbeitsverhältnisse von sämtlichen Mitarbeitern, die dem Betrieb bzw. Betriebsteil zugeordnet waren, auf den neuen Dienstleister übergehen. Dieser sieht sich daher schlagartig mit einem Personalüberhang konfrontiert. Dies wiederum führt zu einer nicht einkalkulierten erheblichen Kostenbelastung.