18.12.2014

Arbeitsvertrag: Anforderungen an eine wirksame Vertragsstrafe bei Nichteinhaltung der Kündigungsfrist

Vorbemerkung

 

In der Praxis ist immer wieder zu beobachten, dass Arbeitnehmer die für sie geltende Kündigungsfrist nicht einhalten. Hierbei kommt es vor, dass eine unberechtigte fristlose Kündigung vorgeschoben wird oder mit einer unzutreffenden Begründung eine kürzere Kündigungsfrist behauptet wird. In manchen Fällen wird auch überhaupt keine Begründung gegeben. Motiviert wird ein solches vertragswidriges Verhalten oftmals dadurch, dass der Arbeitnehmer eine aus seiner Sicht attraktivere Stelle bei einem anderen Arbeitgeber antreten möchte, bei welchem ein dringender Beschäftigungsbedarf besteht. Würde der wechselwillige Arbeitnehmer die für ihn geltende Kündigungsfrist einhalten und somit nicht zeitnah zur Verfügung stehen, würde der neue Arbeitgeber die Stelle anderweitig vergeben.

 

Ohne eine Vorsorge im Arbeitsvertrag ist der Arbeitgeber einem solchen vertragswidrigen Verhalten des Arbeitnehmers nahezu schutzlos ausgeliefert. Es ist zwar möglich, den Arbeitnehmer im Wege einer Leistungsklage auf Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung in Anspruch zu nehmen. Ein entsprechender Titel kann allerdings nicht vollstreckt werden und ist daher letztlich wertlos. Durch eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsvertrages macht sich der Arbeitnehmer selbstverständlich schadensersatzpflichtig. Allerdings ist der Eintritt eines Schadens in der Praxis so gut wie nie nachweisbar.

 

Für den Arbeitgeber ist das vertragswidrige Verhalten des Arbeitnehmers misslich, weil ihm nicht ausreichend Zeit zur Verfügung steht, sich um eine Ersatzkraft zu bemühen. Des Weiteren ist eine ordnungsgemäße Übergabe des Arbeitsplatzes und ggf. ein Einlernen des Nachfolgers nicht möglich.

 

Um sich vor einer solchen Situation zu schützen bleibt dem Arbeitgeber nur die Möglichkeit, im Arbeitsvertrag eine Vertragsstrafe zu vereinbaren.

 

 

Der Fall

 

In dem vom BAG entschiedenen Fall war die Arbeitnehmerin seit 2006 beim Arbeitgeber, einem Busreiseunternehmen als Sachbearbeiterin beschäftigt. Nach § 3 des Arbeitsvertrages galten die ersten sechs Monate als Probezeit mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen. Anschließend betrug die Kündigungsfrist 12 Wochen. § 4 sah eine Vertragsstrafe von einem Bruttomonatsgehalt vor, wenn die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis rechtswidrig nicht aufnimmt, es vertragswidrig vorzeitig beendet oder der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich kündigt und die Arbeitnehmerin einen wichtigen Grund hierfür gesetzt hat. Am 16.08.2007 kündigte die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis fristlos wegen gesundheitlicher Beschwerden, die angeblich auf Streitigkeiten mit den Busfahrern des Arbeitgebers beruhten. Der Arbeitgeber hat die Arbeitnehmerin daraufhin gerichtlich auf Zahlung einer Vertragsstrafe i.H. eines Bruttomonatsgehaltes in Anspruch genommen.

 

 

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG v. 23.09.2010 – 8 AZR 897/08)

 

Der Arbeitergeber scheiterte mit seiner Klage letztinstanzlich, da die verwendete Vertragsstrafenabrede unwirksam war. Sie hielt der AGB-Kontrolle nicht stand. Der Knackpunkt bestand darin, dass die Vertragsstrafe auch für den Fall gelten sollte, dass die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis während der Probezeit vorzeitig beendet. Die Vertragsstrafe i.H. eines Monatsgehalts übersteigt dann den Wert der Arbeitsleistung für die in dieser Zeit einzuhaltende Kündigungsfrist von zwei Wochen. Eine solche Vertragsstrafe bewirkt daher eine „Übersicherung“ des Arbeitgebers.

 

Auch der Umstand, dass die Arbeitnehmerin ja erst nach Ablauf der Probezeit vorzeitig gekündigt hatte und daher eigentlich eine Kündigungsfrist von 12 Wochen galt, hilft dem Arbeitgeber nicht. Es reicht aus, dass die Klausel theoretisch auch den Fall einer Probezeitkündigung erfasst hätte, um sie unwirksam zu machen.

 

 

Fazit

 

Das Urteil zeigt einmal mehr, dass im Rahmen der sogenannten AGB-Kontrolle zwischenzeitlich sehr strenge Prüfungsmaßstäbe angelegt werden. Auf die Gestaltung von arbeitsvertraglichen Klauseln ist daher höchste Sorgfalt zu verwenden. Bei einer Vertragsstrafenregelung ist stets klarzustellen, dass die Vertragsstrafe maximal das Bruttoarbeitsentgelt beträgt, welches der Arbeitnehmer bei Einhaltung der Mindestkündigungsfrist erhalten hätte.